MARKTMISSBRAUCHSVERORDNUNG (MMVO / MAR)

 


Kapitalherabsetzung

Entgegen der Kapitalerhöhung kann es, insbesondere bei Aktiengesellschaften, die restrukturierungsbedürftig sind, auch zu Kapitalherabsetzungen kommen. Dies kann in Form einer ordentlichen Kapitalherabsetzung oder aber mittels vereinfachter Kapitalherabsetzung gemäß § 229 AktG geschehen. Da beide Arten nach den Vorgaben des § 222 AktG ablaufen, unterscheiden sie sich bezüglich der kapitalmarktrechtlichen Publikationspflichten nicht. Ebenfalls handelt es sich in beiden Fällen um einen gestreckten Geschehensverlauf an dessen Ende die Eintragung der Kapitalherabsetzung ins Handelsregister steht.

Genauso wie bei der Kapitalerhöhung gibt auch die Kapitalherabsetzung dem verständigen Anleger Aufschluss über die Mittelherkunft des Gesellschaftsvermögens. Ferner zeigt eine Kapitalherabsetzung einerseits, dass im Unternehmen meist nicht alles optimal verläuft, wenn das Grundkapital reduziert wird, andererseits wird aber deutlich, dass die Geschäftsführung durch die Maßnahme eine Umstrukturierung auf den Weg bringen möchte. All diese Erwägungen wirken sich auf eine Anlageentscheidung aus, sodass ein verständiger Anleger die Kapitalherabsetzung berücksichtigen würde.

 

Beschlussfassung des Vorstands

Der Beschluss, der Hauptversammlung die Kapitalherabsetzung zur Entscheidung, vorzulegen konstituiert eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation. Eine Selbstbefreiung bis zur Absegnung durch den Aufsichtsrat ist in den meisten Fällen ausgeschlossen.

Vor dem Beschluss zum Vorschlag der Kapitalherabsetzung wird der Vorstand regelmäßig die Situation des Unternehmens in vorbereitenden Untersuchungen analysiert haben und in Rücksprache zum Aufsichtsrat sowie dem Hauptaktionär oder den Interessenvertretern der Aktionäre getreten sein. Nur wenn diese sich nicht gegen die Herabsetzung geäußert haben, wird überhaupt der Vorlagebeschluss gefasst werden. Entschließt sich der Vorstand somit zu diesem Schritt, so ist die Durchführung der Kapitalherabsetzung bereits jetzt überwiegend wahrscheinlich.

KRAMMER JAHN-Praxishinweis: Eine Selbstbefreiung bis zur Entscheidung des Aufsichtsrats ist zwar prinzipiell möglich, setzt aber voraus, dass mit einer Genehmigung nicht zu rechnen ist. Da im Rahmen einer guten Compliance derartige Entscheidungen jedoch im Vorfeld abgestimmt werden, sollte die Zustimmung in der Regel als sicher gelten. Die Selbstbefreiung ist daher ausgeschlossen. Darüber hinaus müsste der Aufsichtsratsbeschluss im Laufe desselben Tages herbeigeführt werden, um den Aufschub aufrechterhalten zu können.

 

Zustimmung des Aufsichtsrats

Mit der Genehmigung des Aufsichtsrats wird die Vorlage an die Hauptversammlung endgültig auf den Weg gebracht, sodass ein Update der Insiderinformation herauszugeben ist.

Rechtlich wird durch die Zustimmung des Aufsichtsrats die Kapitalherabsetzung zur Abstimmung gestellt. Damit kommt zum Ausdruck, dass beide Verwaltungsorgane der Gesellschaft die Herabsetzung des Grundkapitals als Weg zur Sanierung des Unternehmens oder zur Realteilung ansehen. Dieser Konsens in Verbindung mit dem regelmäßig erfolgenden Dialog zu den Aktionärsvertretern macht die Kapitalmaßnahme bereits hoch wahrscheinlich.

 

Einberufung der Hauptversammlung

Die Einladung zur Hauptversammlung stellt weder eine eigene Insiderinformation dar, noch ist sie als Aktualisierung des Hauptgeschehens zu werten.

Durch die Einberufung der Hauptversammlung mit dem Tagesordnungspunkt der Kapitalherabsetzung entsteht keine weitere Kursrelevanz; es findet lediglich die Umsetzung der bereits getroffenen Entscheidungen statt. Deren Auswirkungen fanden bereits bei ihrer Veröffentlichung Berücksichtigung im Kurs der Aktie, sodass der Einladung als logische Konsequenz keinerlei Bedeutung beizumessen ist.

 

Beschlussfassung der Hauptversammlung

Durch die Zustimmung der Hauptversammlung zur Kapitalherabsetzung tritt das Endergebnis faktisch ein, sodass die finale Fassung der Insiderinformation zu publizieren ist.

Nimmt die Hauptversammlung den Vorschlag der Verwaltung, das Grundkapital zu reduzieren, an, so ist die Kapitalherabsetzung beschlossen. Damit kann der verständige Anleger fest mit der Kapitalmaßnahme rechnen und seine Anlageentscheidungen entsprechend anpassen. Zwar besteht theoretisch das Restrisiko, dass die Eintragung der Herabsetzung verweigert wird, dieses ist praktisch aber so verschwindend gering, dass ein verständiger Anleger ihm keine Beachtung schenken würde.

 

Eintragung im Handelsregister

Die   Eintragung der Kapitalherabsetzung ins Handelsregister ist mangels neuer   Kursrelevanz keine Insiderinformation mehr.

Zwar stellt die Eintragung den konstitutiven Schritt zur rechtlichen Wirksamkeit der Kapitalherabsetzung und somit auch zum Vorliegen der Tatsache dar. Allerdings war die Durchführung der Kapitalherabsetzung mit dem Beschluss der Hauptversammlung schon derart sicher, dass der Eintragung selbst keine Kursrelevanz mehr zukommt, da der Vorgang bereits in den Kurs der Aktie eingepreist ist.