Konkrete Fälle aus dem Insiderrecht der Praxis
Um die praktische Handhabung des Insiderrechts - besonders für die neuerdings betroffenen Emittenten des Freiverkehrs - zu erleichtern, werden im Folgenden die wesentlichsten Fallkonstellationen praxisnah aufgezogen und an ihnen dargestellt, welche kapitalmarktrechtlichen Pflichten ihnen das europäische Insiderrecht der Marktmissbrauchsverordnung auferlegt. Insbesondere die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität wird an einer Bandbreite von Szenarien detailliert erläutert. Aber auch die rudimentären Anwendungsbereiche der Insiderliste sowie der Managers' Transactions werden praxisrelevant beleuchtet.
Gerade für die Organe der Aktiengesellschaft gilt es bei Erwerb und Veräußerung eigener Anteile Vorsicht walten zu lassen und die Pflicht zur Veröffentlichung dieser Transaktionen als Managers' Transactions nach Art. 19 MMVO stets im Auge zu behalten. Ebenso laufend zu beachten, ist die Notwendigkeit zur Erstellung oder Aktualisierung einer Insiderliste nach Art. 18 MMVO, sobald eine Insiderinformation entsteht, diese aber nicht ad-hoc-veröffentlicht, sondern die Publikation aufgeschoben wird.
Im Rahmen der Ad-hoc-Publizität zeichnen sich einige klassische Fallkonstellationen ab, bei denen es nicht ganz einfach ist festzustellen, ab wann eine Insiderinformation vorliegt und wann diese gemäß Art. 17 MMVO zu veröffentlichen ist. Gegebenenfalls besteht trotz Vorliegens einer Insiderinformation die Option, sich nach Art. 17 Abs. 4 MMVO von der Pflicht zur Publikation vorübergehend selbst zu befreien. Die wohl relevantesten Szenarien der Ad-hoc-Pflicht bei gestreckten Geschehensabläufen werden solche sein, in denen es um die Besetzung der Führungsebene, die Erhöhung des Grundkapitals oder den Kauf bzw. Verkauf wesentlicher Unternehmensteile geht. Der wohl fundamentalste Fall eines mehrstufigen Entscheidungsprozesses findet sich jedoch bereits in der Genehmigung gewisser Vorstandshandlungen durch den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft.
Undurchsichtig wird die Veröffentlichungspflicht regelmäßig dadurch, dass es sich bei den Geschäftsvorfällen um mehrstufige Entscheidungsprozesse handelt. Daher stellt sich die Frage, ab wann einerseits der gesamte Geschehensablauf ad-hoc-pflichtig wird und andererseits welche der einzelnen Zwischenschritte einer selbstständigen Mitteilung bedürfen. Hinzu tritt die Problematik, inwieweit es möglich ist, sich von der Publizitätspflicht bezüglich aller Insiderinformationen befreien zu können. Ist dies wiederum zulässig, muss nachfolgend beurteilt werden, für wie lange die Voraussetzungen der Selbstbefreiung gegeben sind und wann die Ad-hoc-Mitteilung in ihrer aktuellen Form publik zu machen ist.